Bohuslav Martinu (1890-1959) ist mir bereits seit meines Studiums als Komponist zahlreicher kammermusikalischer Werke geläufig. Aber seine Klavierkompositionen waren mir bislang vollkommen unbekannt.

Die Gruppe der 14 Klavierkompositionen mit dem gemeinsamen Titel „Marionetten“ ( Loutky) spielt im Verzeichnis der frühen Werke Bohuslav Martinus eine ganz außergewöhnliche Rolle – sie stellen nämlich die ersten Werke des Komponisten dar, die über die Grenze kunstloser Versuche hinausgingen, sehr schnell ihre Verleger fanden und dank ihrer dauerhaften Beliebtheit vor allem bei jungen Interpreten kontinuierlich in zahlreichen Ausgaben erschienen sind.

Alle drei Hefte der Marionetten entstanden nacheinander in den Jahren 1912–1925 und unterscheiden sich abgesehen von ihrem Titel auch bezüglich der ästhetischen Ausgangspunkte und des kontinuierlich heranreifenden Klaviersatzes. Das Thema der Stücke sind die Figuren der italienischen Commedia dell’Arte, also Pierrot, Colombina und Harlekin, außerdem Tanz- und Ballszenen sowie Auftritte aus dem „persönlichen Leben“ der Marionetten.

Trotz der außerordentlichen Bedeutung, die Bohuslav Martinus 14 kurzen Klavierstücken mit dem Titel Loutky („ Marionetten“) zukommt, weiß man über den genauen Zeitpunkt und die Umstände ihrer Entstehung überraschend wenig. 

In unserem Sommerkonzert werden sowohl „Harlekin“ als auch „Colombine tanzt“ zu hören sein. Letzteres Werk trägt für mich eindeutig impressionistische Züge. Oder wer fühlt sich hier nicht an Debussy „L’après midi d’une faune“ erinnert?